Radmarathon Tannheimer Tal
7. Juli 2024
Bei Radfahrern und Allgäu-Kennern ist das Tannheimer Tal beliebt. Es ein Hochtal östlich vom eigentlichen Allgäu (Sonthofen, Fischen, Oberstdorf), westlich vom Lechtal, hinter der ersten Alpenkette südlich von Füssen, gerade eben Österreich. Man kann hier schön wandern, aber auch wunderschöne Radtouren mit Rädern aller Art unternehmen. Seit 2008 gibt es hier einen Radmarathon, den sich dieses Jahr unsere Mitglieder Martin Abesser, Manfred Fay, Ute Rühl und Claudia Schwarz vorgenommen hatten. Als Radmarathon zählt eine Strecke > 200 km. Laut Veranstalter waren es konkret 214 km und 3.500 Höhenmeter.
Claudia und Hansjörg erwanderten sich die Gegend bereits in der Woche davor, während Ute, Mannix und Susanne März am Donnerstag dazustießen. Martin kam nur für das Event selbst am Samstagnachmittag. Nun ist das Tannheimer Tal leider nicht bekannt für stabiles, schönes Wetter. Darum wurden sämtliche Wetterapps im Vorfeld immer sorgenvoller konsultiert. Niemand ist gern bei Regen unterwegs. Auf dem Rennrad wird man auch noch von unten nass. Und Alpenpässe bei Regen hinunter zu fahren war uns allen nicht geheuer. Aber es blieb dabei: Ausgerechnet am Sonntag sollte es mehr oder weniger nass werden.
Um 4:30 Uhr trafen sich alle mit etwas gedrückter Stimmung beim Frühstück und wogen ihre Optionen ab, besprachen Regenkleidung. Kurz vor 6:00 Uhr fand sich Claudia dann allein im Startblock. Alle anderen nutzen die Last-minute-Umbuchmöglichkeit und wechselten auf die längste verfügbare RTF-Strecke mit 138 km, 870 Höhenmeter und Start um 6:30 Uhr.
Claudia startete um 6:00 Uhr im Trockenen. Bis 8:30 zum Fuße des steilen Riedbergpasses blieb es auch trocken. Die Strecke war wellig, hatte aber nur kleinere Anstiege für Alpenverhältnisse. Unzählige Freiwillige, vor allem Feuerwehrleute sicherten die Strecke vor allem in Deutschland ab und wiesen die Richtung. Püntlich zu Beginn des knapp 600 Meter hohen, steilen Anstiegs zum Riedbergpass begann der Regen. Die beschlagene Brille wurde darum in der Rückentasche verstaut. Das rächte sich dann allerdings bei der Abfahrt vom Pass, da Regentropfen und Wasserspritzer fast die Sicht nahmen. Aber Claudia kam dennoch heil bei der Verpflegungsstelle unten am Riedbergpass an, freute sich über heißes Wasser im ISO-Getränk, freundliche Helfer, die die Brille putzten und die Tatsache, dass Marcel Wüst, der versprochen hatte, ein 9-h-Team zu leiten, ebenfalls dort war. So schlecht war die gefahrene Zeit bis jetzt also nicht. Bis zum nächsten knapp 600 m hohen Anstieg zum höchsten Punkt der Strecke (Hochtannbergpass 1.676 m) ging es nun durch den Vorarlberg weniger steil bergab und bergauf. Hier fand Claudia wieder eine passende kleine Gruppe mit Windschatten. Die Spritzer vom Vordermann musste sie dafür in Kauf nehmen. Die Brille war rasch wieder beschlagen und hielt dann etwas weiter vorne auf der Nase zumindest die schlimmsten Spritzer ab. Der eigentliche Anstieg zum Hochtannbergpass war zwar weniger steil, mit gut 120 km in den Beinen tat er dennoch weh. Dafür hörte gegen 13 Uhr auf dem Hochtannbergpass der Regen auf, und es kam sogar die Sonne teilweise heraus. Nun war aber bereits alles pitschnass. Egal ob Regenjacke, Regenüberschuhe, „wasserdichte“ Socken – in den Schuhen stand das Wasser, die Füße hatten kaum noch Gefühl und die Abfahrt würde erst recht kalt werden. Wie gut, dass Claudia vorausschauend ein trockenes Shirt und trockene Handschuhe sicher in einer Tüte verpackt in der Rückentasche hatte. Also ging es bei der Verpflegungsstation kurz nach dem Pass auf das Dixieklo. Das nasse Trikot mit den Rückentaschen kam dann über die Regenjacke. Da es hier heiße Suppe gab, blieb Claudia an dieser Verpflegungsstelle besonders lang.
So gestärkt war die lange Abfahrt ins Lechtal kein Problem. Irgendwann fand sich auch wieder ein kleines Grüppchen für den Windschatten bis zur letzten Verpflegungsstelle vor dem allerletzten Anstieg von knapp 300 hm zum Tannheimer Tal. Hier waren zwar trotz guter Verpflegung nicht mehr viele Körner übrig, aber das Wissen, die ganze Strecke trotz Regen (aber wenigstens kaum Wind) geschafft zu haben, trug Claudia dann ins Ziel nach 9:42:28 (reine Fahrzeit ca. 8:40 h). Damit wurde sie 7. in der Altersklasse MASF (W 50+) und 33. Frau von 65 Frauen, die ankamen.
Und wie erging es den anderen auf der 138 km Strecke?
Eigentlich sollte es für mich (Ute) die längste bisher gefahrene Strecke auf dem Rennrad werden, mal abgesehen von den 3.500 hm. Alle Mitstreiter*innen (Mannix, Martin, Claudia) hatten die 200 km+ schon einmal am Bodensee bewältigt und das sogar auch bei Regen. Ich war noch zuversichtlich und dachte mir, okay, wenn es nicht mehr geht, wird der Besenwagen mich schon einsammeln. Zur frühen Morgenstunde, beim Frühstück, herrschte Ruhe, bis jemand auf die Idee kam, dass es in Anbetracht der Wetterlage besser sei umzumelden. Mich verließ der Mut, da die Cut-off-Zeit auch bei trockenem Wetter für mich eine Herausforderung gewesen wäre. Noch vor 06:00 Uhr waren wir alle auf die 138 km langen Strecke umgemeldet. Voller Bewunderung schauten wir uns den Start der Marathonis an.
Die erste Stunde auf der RTF-Strecke wurden wir nur von unten nass, doch dann kam der Regen, und dieser blieb uns erhalten bis zum Ende der Ausfahrt. Hände und Füße wurden allmählich kalt, denn auch die Temperatur war nicht bsonders angenehm. Ich fuhr nur jeden zweiten Verpflegungsstand an, meinen Mitstreitern erging es nicht anders. Kaltgetränke auffüllen, schnell etwas zu Essen nehmen oder die Toilette aufsuchen, und weiter gehts. Nur nicht lange aufhalten bei dem Wetter! Mir waren die Hände so kalt, dass ich die heißbegehrten Erdnüsse nicht mehr greifen konnte. Am letzten Verpflegungsstand musste ich mir die Neopren-Ersatzhandschuhe von einem Mitarbeiter am Verpflegungsstand anziehen lassen, irgendwie funktionierte das mit nassen, kalten Händen alles nicht mehr. Mannix und Martin warteten im Ziel auf mich. Immerhin war ich glücklich: 138 km mit über 1.000 hm fährt man auch nicht alle Tage. Die Hauptsache bei unseren Rad-Events ist, dass alle gesund und munter ins Ziel kommen, auch wenn sich dieses Mal der Spaß in Grenzen gehalten hat, so dürfen wir alle stolz auf unsere Leistung sein.