Reise- und Laufbericht vom “Halben” in Pjöngjang/Nordkorea
Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen. Früher galt dies für einen Vogelsberger, wenn er in Frankfurt auf der Zeil einkaufen ging. Heute muss es schon ein klein wenig weiter sein. Nachdem die BELC-Redaktion vor über einer Woche eine Fotosammlung von unserem Weltenbummler David Drew erhielt, trudelte nun auch ein umfangreicher Lagebericht zu seiner außergewöhnlichen Laufreise in die Demokratische Volksrepublik Korea ein. Auf der BELC-Weltkarte klebt nun hinter Pjöngjang ein weiterer roter Anwesenheitspunkt. Wo soll dies noch hinführen?
Es gibt nur EINEN, der so hautnah über die Reise berichten kann: unser treuer David. Er übermittelte den Bericht per Mail aus Südafrika. David: “So schreibe ich in bullet points, es ist für mich viel einfacher. Die Redaktion wird daraus etwas Künstlerisches konstruieren. Hier in der Xhosa-Sprache sagen wir Igama Umculi – direkt übersetzt bedeutet dies Künstler.
- Die Fläche von Nordkorea beträgt ungefähr ein Drittel von Deutschland. Das Land hat 24 Millionen Einwohner. Regiert werden sie liebevoll von der Familie Kim. Beschützt von seinen Raketen.
- Nordkorea ist seit langen Zeiten ganz oben auf meiner Wunschliste, aber ein Visa zu bekommen ist sehr schwer. Erst seit vier Jahren ist das möglich mit einem Sporttourismus-Visum für den Pjöngjang-Marathon (incl. Halbmarathon). Ich meldete mich vor ungefähr 6 Monaten an und erhielt meinen Platz durch die offizielle Tourismusfirma.
- Ich bin kein Mensch für organisierte Touren. Aber es gibt in Nordkorea keine andere Möglichkeiten – aller müssen eine genau festgelegte Tour machen. Ich bin über Shanghai geflogen. KryoAir (Koreas Airline) hat nur zwei Flugzeuge und fliegt somit nur alle paar Tage von Shanghai, Beijing oder Wladiwostok nach Pjöngjang. Von Deutschland aus ist das relativ lang, zwei Nächte im Flugzeug und zwei in Nordkorea, aber drei tolle Tage als Aufenthalt im Land. Unsere Touren führte uns von 6 a.m. bis 10 p.m. bis zur demilitarisierten Zone mit Südkorea. An jedem Monument von Kim und seinem Vater (sehr gewöhnungsbedürftige Frisuren) sind wir vorbei gelaufen und gefahren, ohne Ende!
- Also haben wir alles gesehen, was Pjöngjang uns sehen lassen wollte, aber leider nichts, was Pjongyang uns nicht zeigen wollte. Wir haben einen schönen Supermarkt besucht, wahrscheinlich der beste im Land. Ein Einkaufszentrum mit dem verstaubten Flair eines 1970er Ladens in der DDR oder Moskau. Wahrscheinlich nur für Diplomaten und/oder hochoffizielle Personen. Sämtliche Produkte waren „Made in China“.
- Asiatisches Essen ist normalerweise mein Lieblingsgericht. Aber Nordkorea ist kein kulinarisches Land wie Thailand oder Japan. Aber für’s Carbo-Loading waren Reis und Nudeln zu haben. Hund wurde dabei als Proteinnahrung angeboten. Ich bin kein Vegetarier und esse fast alles, aber einen Hund konnte ich nicht essen. Ich hätte dann nur an unseren geliebten Hund Jonga zuhause denken müssen.
- Gelaufen bin ich auch. Wir bildeten am 7. April mit 20 Leuten eine Gruppe, welche ein Teil von ca. 700 Ausländern bei diesem Wettkampf war. Es war eine nette gemischte Gruppe mit unterschiedlichen Ambitionen. André aus Moskau ist den Marathon in 2:32 gelaufen, ein anderer die 5 km in 45 Minuten gedribbelt. Ich lief meinen Halbmarathon in einer Zeit von 2:08 Stunden. Gestartet wurden Marathon und Halbmarathon zusammen. Als ich zum Ziel kam, sah ich vor mir eine gelbe Linie. Ich dachte, wie schön, ein Band nur für mich. Also ich bin in Richtung dieses gelben Bandes gelaufen. Nur in letzter Sekunde hat ein Organisator mich von hinten festgehalten. Er führte mich weg vom Band. Denn dies war für den Marathongewinner gespannt, der just zum gleichen Zeitpunkt wie ich eintraf.
- Abschlussbetrachtung: Ich habe viel mit meinen zwei Tour-Leaders gesprochen, ebenso mit unserem Fahrer. Tagesthemen oder Gefühle waren mit ihnen nicht kommunizierbar. Es war schade, aber es herrscht eine echte Grenze zwischen uns und dem koreanischen Volk. Aber hier und da ein Lächeln, Handzeichen oder ein paar nette Worte an eine Kellnerin sorgten für menschliche Regungen. Wer weis, was Kim und Donald als nächstes machen werden. Aber ich bin sicher, dass irgendwie in den nächsten 10 Jahren die Besucherzahlen in Nordkorea ansteigen werden. Vielleicht erlebe ich noch die Wiedervereinigung der beiden Koreas. Mit Sicherheit meine Kinder. Frag einen Deutschen – sie verstehen eine Staatswende besser als ich.
David Drew, Alfred T.; 19.04.2019