
Elke beim TSC New York City Marathon 2018
Schon im Jahre 2007 berichteten u.a. Jitka Gutmann, Ute Rühl und Hannah Cremer von den nicht zu unterschätzend niedrigen Temperaturen beim Start des New York Marathons. Jeder kennt das Foto, auf dem unsere sechs winterlich bekleideten Vereinsmitglieder in ihren Startblöcken warteten. Warum sollte es 11 Jahre später Elke Conert am ersten Sonntag des Monats November 2018 anders ergehen?
Ihr Traum von der Teilnahme in der Stadt der Superlative, der pulsierenden und attraktiven Metropole an der Ostküste

Elke in New York 2018
der USA, wurde am 4. November 2018 Wirklichkeit. Elke hat einen ausgezeichneten Bericht über ihre Teilnahme an diesem Marathon geschrieben. Lassen wir sie berichten: „Wie schon etliche BELC Vereinsmitglieder vor Elke Conert reiste ich mit dem Sportreiseveranstalter interAir zum TCS NYC Marathon 2018. Um 6 Uhr am Morgen des großen Tages stiegen wir noch im Dunklen in den Bus, der uns vom Hotel in Midtown Manhattan zum Start auf der Insel Staten Island brachte. Doch schon auf der Fahrt über die Verrazzano Bridge stand die Sonne über der Bucht und es entfaltete sich vor unseren Augen das großartige Panorama des Hafens von New York und der in der Ferne liegenden Südspitze von Manhattan. Ab jetzt konnte man dem Tag einfach nur noch mit großer Vorfreude begegnen. Mit der Aussicht auf fast vier Stunden Wartezeit bis zu meinem Start um 10.40 Uhr war ich eingemümmelt in Thermohose, Fleecejacke und Snowboots, was bei Temperaturen von 6 bis 8 Grad nicht verkehrt war. Es hätten allerdings auch Laufdress und Laufschuhe ausgereicht, alles andere wurde uns in ausreichender Menge gestellt, angefangen bei Plastikponcho, Pudelmütze und Handwärmer, über Frühstück bis zu Energienahrung in allen Darreichungsformen, und das auf dem teilnehmerreichsten Marathon der Welt. Die Zeit verflog im Nu mit Plaudereien mit einem Japaner zu meiner Linken, der auch schon in Frankfurt-Niederursel gelebt hat, und einem Armenier zu meiner Rechten. Wobei die wahren Fachgespräche davon handelten, wie man Startnummern für die weiteren fünf World Marathon Majors ergattern könne (Boston, Tokio, Chicago, Berlin und London).
Gestartet wurde in vier Wellen. Ich war bei der dritten dabei, und zwar auf der Laufspur, welche die zweistöckige Verrazzano-Hängebrücke auf der unteren Etage überqueren sollte. Musikalisch von den Hits„Eye of the Tiger“ und „New, York, New York“ sowie einer Livedarbietung von „God bless America“ in Stimmung gebracht war der Start um 10:43 Uhr auf der in der Sonne liegenden Brücke vielleicht der emotionale Höhepunkt des Tages. Noch am Vortag war mir bei der Strategieplanung eingeschärft worden, dass 87 % der Läufer die Brücke in der Anfangseuphorie zu schnell überqueren. Also reihte ich mich hinter Ballonträger Philippe ein, der eine Zielzeit von 4 Stunden 20 Minuten versprach. Ich wunderte mich zwar über sein sehr flottes Starttempo und seine anschließend sehr verlangsamte Gangart in Brooklyn. Aber die Erkenntnis, dass auch er zu den 87 Prozent gehörte, kam mir erst, als ich ihn lange hinter mir wusste.
Die New Yorker sind sonntags keine Frühaufsteher. Wo das Elitefeld in Brooklyn noch durch leere Straßen laufen musste, sangen jetzt um 11 Uhr morgens Latino Chöre auf den Stufen ihrer Kirchen, Bands hatten ihre Anlagen aus den Kneipen geschafft und ganze Nachbarschaften feierten mit den Läufern und Läuferinnen und untereinander. Auf elf geraden Kilometern in Brooklyn riss das Jubelkonzert nicht ab, erst im frommen jüdischen Wohnviertel wurden wir nur noch von stummen Blicken begleitet, während anschließend im angesagten Viertel Williamsburg bei Kilometer 21 die Stimmung auf ihren Höhepunkt gelangte. So viel Ausgelassenheit kenne ich nur von Karnevals-paraden. Auf der Queensboro-Bridge, der zweitsteilsten der insgesamt fünf Brücken, ist schließlich jeder Läufer allein mit sich und den ersten Anzeichen von Müdigkeit. Etliche ziehen es hier vor, Gehpausen einzulegen und die Muskeln zu lockern. Doch die in Manhattan wartende Zuschauer-menge weckt neue Kraftreserven und es geht weiter nach Norden. Das Thermometer ist inzwischen auf 13 Grad geklettert, der kaum zu spürende Wind kommt aus dem Süden im Rücken. Ich fühle mich großartig und es könnte immer so weiter gehen. Auch die berüchtigte letzte Brücke von der Bronx zurück nach Manhattan bei Kilometer 34 passiere ich euphorisch. Sie gilt als die eigentliche Prüfung des Laufes, hier sollte man noch ausreichend fit für die restlichen 8 Kilometer sein. Begrüßt werden wir in Harlem von den lautesten und härtesten schwarzen Beats, der uns auf die letzte Etappe in Richtung Süden der Sonne entgegen peitscht. Kilometer 36 und ich stürze mich auf angereichte Banane und fortan an jeder Meile auf den Getränkestand. So werde ich immer lang-samer und bin es leid, den adretten Anwohnerinnen der Upper East Side, die unseren Kurs kreuzen wie es ihnen gefällt, auszuweichen.
Noch einmal heraus aus dem Central Park und gleich wieder hinein, das Ziel naht. Das Laub strahlt tief orange gegen den dunklen Fels der Insel Manhattan wie im schönsten Indian Summer. Dass Manhattan ursprünglich „hügeliges Land“ heißt, wird spätestens jetzt augenfällig. Die letzte Bodenwelle und ich passiere das Ziel um 15:06 Uhr – hungrig, müde und glücklich. Mit meiner Zeit von 4:22:34 lande ich auf Platz 22.568 von 52.697 Finishern. In meiner Altersklasse W55 rangiere ich auf Platz 238 von 1.164 und unter den deutschen Teilnehmern auf Platz 656 von 1.498 Mit-streitern. Meine Zwischezeittabelle zeigt, dass ich den Streckengegebenheiten entsprechend, doch ein sehr gleichmäßiges Tempo bis zum Schluss lief.
Die schwere Siegermedaille wird mir um den Hals gelegt, es gibt eine Aludecke, einen Ver-pflegungsbeutel und schließlich den wärmenden Poncho. Die letzten Herausforderungen des Tages bestehen noch darin, mit der U-Bahn zum Hotel zurück zu reisen, in die heiße Badewanne zu steigen und noch einmal auf ein (?) Siegerbier in den irischen Pub aufzubrechen.
Peter Ciaccia, der Präsident der New York Road Runners und verantwortlich für den Marathon, sagte so schön im Fernsehen, dass jeden Läufer eine eigene Geschichte zur Teilnahme bewogen habe und dass es nun die Aufgabe der Veranstalter sei, allen zu ermöglichen ihren persönlichen Anlass zu feiern. Was mich nach New York gebracht hat, war die faszinierende Idee, alle fünf Stadtbezirke auf der Strecke aufzusuchen. Überall war die Stimmung überwältigend und doch hatte jede Nachbarschaft ihre ganz eigene Atmosphäre. Ein Ruf, der öfter zu hören war, lautete: „ We are New Yorkers“. Sinngemäß klang das wie: „So sind wir eben. Wir feiern unsere Vielfalt, sie ist unsere Stärke.“
In Elkes Erinnerung verbleiben von New York unvergessliche 42 Kilometer, die Überquerung von 5 Brücken und zehntausende freundliche Helferinnen und Helfer an der Strecke – Faszination pur. Als Marathonläufer oder -läuferin muß man einmal in seinem Läuferleben am größten Lauf der Welt teilgenommen haben.
Elke Conert/ 12.11.2018